AUS DEN FUGEN - MOMENTE DER STÖRUNG
Sammlung Migros Museum für Gegenwartskunst

!Mediengruppe Bitnik, Lynda Benglis, Vanessa Billy, Alighiero Boetti,
Christoph Büchel, Andrea Fraser, Guerrilla Girls, Fabrice Gygi, Lynn
Hershman Leeson, Gianni Motti, Cady Noland, Yuri Pattison, Pipilotti Rist, Katharina Sieverding, Hito Steyerl
Störungen
können als leises Knirschen den Normalverlauf unseres Alltags
kurzzeitig zum Stocken bringen, aber auch dramatisch und radikal in
unsere Realität einbrechen. Die Ausstellung bringt Sammlungsarbeiten
zusammen, die sich auf Störungen in Form von Ereignissen, Phänomenen
oder Handlungen beziehen. Sie fragt dabei, wie Störmomente unser
Verhältnis zur Welt prägen.
Gesellschaften, Systeme und Institutionen
sehen sich immer wieder gefordert, auf unerwartete Störungen zu
reagieren, die ihre Ordnung auf die Probe stellen. Dabei wohnt dem
Störfall das Potenzial inne, durch Irritation, Unterbrechung und
Destabilisierung Strukturen und Funktionsweisen offenzulegen. Hierbei
kann vieles sichtbar werden: die Schwäche eines Systems oder die
Verteilung von Macht. Oft wird mit gezielten Störversuchen Kritik geübt
und Widerstand artikuliert. Dabei können Störungen auf symbolischer
Ebene eine Wirkung entfalten und Narrative oder Bedeutungen fragil
werden lassen oder verschieben. Nicht selten sind sie auch
Ausgangspunkte von Veränderung.
In der Ausstellung spielen Momente der Störung auf unterschiedliche
Weise eine Rolle: Mal sind es historische Ereignisse oder erlebte
Störfälle, die den Künstler*innen als Ausgangspunkte ihrer Arbeiten
dienen; mal agieren die Werke selbst als Störfaktoren innerhalb
spezifischer Kontexte. So basiert eine Arbeit von Katharina Sieverding
auf einem grossflächigen Stromausfall in New York, der das gewohnte
Treiben der Stadt unterbrach. Christoph Büchels Werk thematisiert eine
tiefgreifende Destabilisierung durch terroristische Gefahr. Arbeiten wie
die der !Mediengruppe Bitnik, der Guerrilla Girls oder Gianni Mottis
wiederum stellen selbst Momente der Störung dar oder dokumentieren
solche. Sie greifen in Kontexte von Kunst, Politik und Gesellschaft ein
und hinterfragen damit deren Gesetzmässigkeiten. Mit Plakataktionen
machen die Guerrilla Girls seit Jahren auf Sexismus und Rassismus im
Kunstbetrieb aufmerksam und fordern Institutionen und deren Selbstbild
kritisch heraus. Von Gianni Motti sind Arbeiten zu sehen, die sich mit
der Macht politischer Institutionen und grosser Technologieunternehmen
auseinandersetzen und sie unterwandern. Werke wie diese zeigen auf, wie
Störungen in einen Status quo eingreifen und ihn verändern können. Neben
diesem kritischen Potenzial ist für die Ausstellung auch von Bedeutung,
in welcher Form Irritation und Destabilisierung neue Perspektiven und
Möglichkeitsräume entstehen lassen können.
Kuratorin: Nadia Schneider Willen (Sammlungskonservatorin, Migros Museum für Gegenwartskunst)
Kuratorische Assistenz: Viktor Hömpler (Volontär, Migros Museum für Gegenwartskunst)